Schwanzbeißen kann grob in drei verschiedene Formen des Verhaltens aufgeteilt werden:

Zweistufiges Schwanzbeißen besteht aus einer Vorstufe und einer Verletzungsstufe.

Aussehen: In der Vorstufe nimmt der Beißer den Schwanz des Opfers ins Maul und manipuliert ihn sanft. Diese Manipulation wird vom Opfer toleriert, sie verursacht weder Schaden noch Stress und tritt meist auf, wenn beide Schweine liegen oder stehen. Der Übergang zur Verletzungsstufe passiert, wenn die Haut des Schwanzes während der Vorstufe durch Manipulation mit den Zähnen verletzt wird. Beginnt der Schwanz zu bluten, kann es zur Eskalation kommen, da auch andere Schweine davon angezogen werden.

Ursache: Das anfängliche nicht-verletzende Schwanzbeißen ist eine Erweiterung des natürlichen Futtersuch- und Erkundungsverhaltens. Das Umrichten dieser Verhaltensweisen auf Schwänze kann zur Angewohnheit mancher Individuen werden. Es handelt sich dabei nicht um aggressives oder Kampfverhalten.

Vorbeugemaßnahmen: Das Anbieten von geeignetem Beschäftigungsmaterial kann der Entwicklung vorbeugen, dass Interesse an Schwanzmanipulation entsteht, wenn durch Kauen und orale Manipulation von Gegenständen die Motivation für Futtersuch- und Erkundungsverhalten erfüllt wird.

 

Abruptes-gewaltsames Schwanzbeißen

Aussehen: Beißer ergreift und reißt oder beißt den Schwanz des Opfers gewaltsam, ohne vorhergehende sanfte Manipulation. Die tritt auf während die Schweine stehen oder gehen. Abruptes-gewaltsames Schwanzbeißen kann bereits nach einmaligem Auftreten zu schweren Schäden führen, wie z.B. dem Abbeißen von Schwanzspitze, Teilen von Haut oder Gewebe.

Ursache: Abruptes-gewaltsames Schwanzbeißen kann auftreten, wenn die Schweine bestimmte Ressourcen, z.B. den Futtertrog, nicht erreichen können. Es wird angenommen, dass es sich um ein aggressives Verhalten handelt, dass durch Frustration ausgelöst wird.

Vorbeugemaßnahme: Eine Erhöhung der Verfügbarkeit von Ressourcen z.B. der Anzahl Fressplätze kann dem Auftreten von abruptem-gewaltsamen Schwanzbeißen entgegenwirken. Des Weiteren ist es wichtig Situationen zu identifizieren, in welchen es zu kompetitiven oder frustrierenden Interaktionen kommen kann. Diese können die mengenmäßige, platzmäßige und zeitliche Verfügbarkeit von Futter, Wasser, bevorzugter Liegefläche oder Platz für Bewegungsverhalten.

 

Zwanghaftes Schwanzbeißen

Aussehen: Der Großteil an gewaltsamen Schwanzbeißen wird von einem oder wenigen Individuen durchgeführt. Der Beißer ergreift den Schwanz des Opfers und reißt daran. Beim zwanghaften Schwanzbeißen ist der Beißer darauf fixiert Schwänze zu beißen und sucht beharrlich nach Möglichkeiten dazu. Individuen die zu zwanghaften Beißern werden haben oft einen durchgemacht und sind kleiner als andere Schweine der Gruppe. Zwanghaftes Schwanzbeißen kann vom Entfernen von Hautteilen bis zum Amputieren von Schwanzteilen führen.

Ursache: Frustration steht möglicherweise in Zusammenhang damit zwanghaftes Schwanzbeißen auszulösen. Es ist möglich, dass ein Beißer zuerst abrupt-gewaltsames Schwanzbeißen zeigt, um eine Ressource zu erlangen, jedoch die Verhaltensweise selbst belohnender findet als die Ressource und sich so zum zwanghaften Schwanzbeißer entwickelt. Hier kann auch eine genetische Komponente eine Rolle spielen.

Vorbeugemaßnahme: Es wird angenommen, dass zwanghaftes Beißen sich bei schlechter Gesundheit während kritischer Entwicklungsphasen entwickeln kann.

 

Beispiele für relevante Schwanz-/ Ohrverletzungen

Schwanzverletzung: Schwanz mit deutlich sichtbarer blutender Wunde, Kruste oder Schwellung

Schwanzbeißen Beispiele
Schwanz ohne Verletzung – unkupiert (© BOKU/C. Leeb)
Schwanz ohne Verletzung – kupiert (© BOKU/C. Leeb)
Frische, deutlich sichtbare, blutende Schwanzverletzung (© M. Ziron)
Verkrustete Schwanzverletzungen und Schwellungen deutlich sichtbar (© BOKU/C. Leeb)
Intaktes Ohr ohne Verletzungen (© BOKU/C. Leeb)
Kratzer an Ohrfläche (einzelne oberflächliche Kratzer werden nicht als Verletzung aufgrund von Ohrenbeißen gewertet) (© I. Czycholl)
Blutig-krustige Veränderung an Ohrspitze/-rand mit Gewebsverlust (© M. Ziron)
Blutig-verkrustete Veränderung am Ohrgrund mit Gewebsverlust (© BOKU/C. Leeb)